Mit diesem Schreiben möchten wir den einstweiligen Boykott aller Champions-League-Heimspiele bekannt machen. Angesichts der unerträglichen Preispolitik des Vorstandes bleibt uns keine Alternative zu diesem schweren Schritt, da es nicht mehr allen Mitgliedern bzw. Personen aus unserem Umfeld möglich ist, die Kosten für diese Spiele zu stemmen. Somit ist nun auch unsere Gruppe von einer Entwicklung erreicht worden, die die Dauerkarteninhaber_innen auf den Sitzplätzen bereits im Mai zu spüren bekommen haben und einen Teil des Stammpublikums dazu veranlasst hat, zukünftig auf ihr Saisonabo zu verzichten.
Wir sprechen uns entschieden gegen die astronomischen Preiserhöhungen aus. Der Besuch des Weser-Stadions muss weiterhin auch für weniger zahlungskräftige Menschen möglich sein. Die Preispolitik zeigt auf eindrucksvolle Weise, was “Soziale Verantwortung” für den Vorstand bedeutet. Hierbei geht es ihm nicht um die Identifikation mit und das Handeln nach entsprechenden Werten, sondern vielmehr um den Aufbau eines Images, das durch symbolische Akte aufrecht gehalten wird und ansonsten in entscheidenden Fragen bedeutungslos bleibt.
Denn was nützen Vorträge an Schulen, wenn die Spiele des SV Werder Bremen zu Ereignissen verkommen, die sich Schüler_innen nicht mehr leisten können? Wie überaus selbstgerecht muss ein Vorstand sein, der meint, seine Fangemeinschaft auf einen “Ethik-Kodex” einschwören zu können und gleichzeitig Entwicklungen in Gang setzt, die sozial schwächer gestellte Fans um einen wichtigen Bestandteil ihres Lebens bringen? Sollen Schlagwörter wie “Werder-Familie” und “Engagement gegen Diskriminierung” nicht zu hohlen Floskeln verkommen, bedarf es einer deutlichen Korrektur der Preispolitik.
Abgesehen von dieser Hauptthematik erhielten wir zudem in der letzen Woche von Seiten des Vorstandes die Ankündigung, dass die seit Einführung der Sitzplatzpflicht bei Europacupspielen etablierte Praxis aller Supportwilligen, sich in einem Teil der Ost einzufinden und zu stehen, in Zukunft behindert werden soll. Der Ordnungsdienst soll diesbezüglich eine spezielle Anweisung erhalten haben, bei den kommenden CL-Spielen in Bereichen der Ostkurve verstärkt und strenger auf gültige Karten für den jeweiligen Platz zu kontrollieren als in vergangenen Spielzeiten. Anstatt endlich ein Konzept zu entwickeln, dass die Zuteilung zusammenhängender Plätze für größere Fangruppen, die während der Spiele zusammenstehen möchten, möglich macht, soll nun scheinbar gegenteilig gehandelt und dafür gesorgt werden, dass jede_r Besucher_in den jeweils zugeteilten Platz aufsucht. Wenn dies zur Praxis wird, wäre ein organisierter Support durch aktive Fans quasi unmöglich oder zumindest stark eingeschränkt. Außerdem zeigt sich, wie gering die Bereitschaft des Vorstandes ist, die speziellen Bedingungen in der Ostkurve und die Bedürfnisse der Fans zu verstehen und zu berücksichtigen. Diese Nachricht bestärkte uns in der Ansicht, dass ein Verzicht auf die Champions-League-Heimspiele bis auf weiteres unumgänglich ist.
Wir hoffen, bald einen Weg zu finden, der uns ein gemeinsames Auftreten als Gruppe bei diesen Spielen wieder möglich macht.
Infamous Youth, September 2010
Infamous Youth & Ultra Team Bremen , September 2010