So lautet unsere – überspitzt formulierte – Forderung heute im Stadion zu den jüngsten Äußerungen des Bremer Innensenators Ulrich Mäurer (SPD). Seit er Vorsitzender der Innenministerkonferenz (IMK) im letzten Jahr war, äußert sich Ulrich Mäurer immer mehr fordernd für neue Maßnahmen, um Gewalttaten von Fussballfans (vom ihm titulierte „Hardcore“-Fans) im und um das Stadion herum zu verhinden.
In einem Maßnahmen-Katalog der Innenministerkonferenz, welcher dem DFB und der DFL im Dezember 2009 vorgelegt wurde, argumentiert vor allem die Stimme von Ulrich Mäurer in der Öffentlichkeit für Maßnahmen gegen Fussballfans, die weitere drastische Einschränkungen der Stadionbesucher_innen und speziell der Fanszenen mit sich bringen würden.
Einige Maßnahmen sollen dazu führen, dass der Kartenverkauf verstärkt kontrolliert wird, um schon im Vorfeld bekannte Gewalttäter_innen ausschließen zu können. Dies ist in der Realität nicht umsetzbar, denn Karten könnten auch von anderen Personen gekauft und weitergegeben werden. Eine Personalienabgleichung am Stadioneingang ist, wie in der Vergangenheit z.B. bei der WM 2006 geplant, de facto nicht zu gewährleisten. Verwirrend ist diese Forderung auch, da Gewalttaten schon lange nicht mehr in den Stadien, sondern im Umfeld dieser stattfinden.
Karten für Auswärtsspiele sollen ebenso nur in Verbindung mit Zugfahrten angeboten werden. Damit soll gewährleistet werden, dass alle Fans, die zu einem Auswärtsspiel reisen, von der Polizei kontrolliert zum Stadion gebracht werden können. Alternativ wurde auch die Idee entwickelt, von den Fans bezahlte Busse aus der eigenen Stadt direkt zum auswärtigen Spiel fahren zu lassen, der Kartenverkauf soll dann ebenfalls nur in Kombination mit einer Busfahrt laufen. Dass bekannterweise nicht alle Fans, die auswärts mit ihrem Verein mitfiebern wollen, in der jeweiligen Stadt des Vereines wohnen bzw. nicht von dort aus ihre Reise beginnen, scheint nicht im Bewusstsein der Personen, die diese Maßnahmen entwickelt haben, zu sein. Eine individuelle Anreise zu Spielen wäre hiermit hinfällig.
Des Weiteren sollen die Kartenkontingente bei Spielen, die von den Behörden als „Problemspiele“ bezeichnet werden, für Auswärtsfans eingeschränkt werden, damit weniger Problemfans im Stadion sind. Gerade diese Art der Argumentation macht deutlich, dass für die Politik und die Öffentlichkeit mittlerweile der Großteil der Stadionbesucher_innen als Problemfall gelten muss.
Dies wird weiter sichtbar in einer Maßnahme, die ein Verbot der Fanmärsche vom jeweiligen Bahnhof zum Stadion vorsieht. Bezogen auf die im vorherigen Absatz genannte Forderung der Innenministerkonferenz tut sich hier ein Widerspruch auf. Es ist gängige Praxis, dass sich Fans verabreden, um zusammen zu Auswärtsspielen zu reisen. Überall gibt es Fans, die gemeinsam solche Fahrten organisieren, nicht selten werden in Eigeninitiative Sonderzüge bestellt. Natürlich ist dies auch im Interesse der Polizei, da die Fans, wie bereits erwähnt, bei einer gemeinsamen Anreise zu einem Spiel kontrollierbarer sind. Fanmärsche entstehen aber immer dann, wenn Fans gemeinsam in einer größeren Gruppe bei Auswärtsspielen am Hauptbahnhof ankommen und den Weg zum Stadion zu Fuß bestreiten, sofern die Entfernung dies zulässt.
Auch das teilweise schon existierende Alkohol- und Glasflaschenverbot (siehe Auswärtsspiel in Hamburg am 20.12.2009) auf der An- und Abreise soll laut Herrn Mäurer weiter forciert werden. Die Kontrollen haben beim „Testlauf“ zu erheblichen Verspätungen und vor allem Ärgernissen auf Seite der Fans geführt.
Insgesamt klingen die teils widersprüchlichen Maßnahmen wie ein Brainstorming von Personen, die für Stadionbesucher_innen und Fankultur überhaupt kein Gespür haben. Wenn die Maßnahmen so umgesetzet werden würden, wäre die Freiheit von Fans bis auf ein Minimales beschränkt.
Allgemein wollen wir auf diese Maßnahmen hinweisen und bitten Euch, sich mit dem Thema kritisch auseinanderzusetzen. Gerade diese Woche wurde in Bremen eine weitere Maßnahme gegen Personen mit Stadionverboten getroffen. Gegen sie wurden Stadtverbote für die Stadt Bremen an Heimspieltagen ausgesprochen. Dies ist in sofern grotesk, weil diese Personen zum größten Teil selbst in der Stadt Bremen leben und sich nun nicht mehr gänzlich frei bewegen dürfen.
In der Öffentlichkeit findet leider fast keine kritische Auseinandersetzung mit den konkreten Maßnahmen statt, es wird eher darüber debattiert, ob der DFB und die DFL sich an den Einsatzkosten der Polizei beteiligen sollen. Mäurer räumt ein, dass seine Forderung bzgl. der Einsatzkosten schwer umsetzbar sei, er möchte damit lediglich die Debatte bzw. die Umsetzung der Maßnahmen vorantreiben und Druck ausüben, wie er es in einem Fernseh-Interview (21.12.2009 / buten un binnen) äußerte.
Infamous Youth im Januar 2010