Moin Werderfans!
In Zeiten erstarkender populistischer, ultra-nationalistischer und faschistischer Kräfte haben Alle, die diesen Scheiß nicht tatenlos hinnehmen wollen, die Pflicht aktiv zu werden.
Das gilt auf der Arbeit, wie im Privaten.
Auch der Fußball ist und war immer hoch politisch, hat und hatte immer auch eine soziale Verantwortung und ist immer schon Abbild seiner Gesellschaft.
Gerade aktuell ist die Stimmungsmache und Hetze gegenüber Geflüchteten und migrantischen Menschen auf einem neuen Hoch angekommen. Faschist*innen verschieben täglich die Grenzen des „Sagbaren“ und den Leidtragenden wird weiterhin kaum Gehört verschafft.
Nachdem der Bund zuletzt die Bedingung(en) schuf, beschloss der Bremer Senat Anfang Juli 2024 die sogenannte Bezahlkarte für Geflüchtete auch in Bremen einzuführen. Dies ist ein Instrument, dass dazu dienen soll die Unterstützung und Kontrolle für Asylsuchende zu vereinfachen. Passierte dies bisher über die Ausgabe eines gesetzlich geregelten Taschengeldes in Bar, bestimmte Sachleistungen oder Wertgutscheine, kommt jetzt also auch in Bremen die Bezahlkarte. In anderen Bundesländern wie etwa in Hamburg oder Bayern existiert sie bereits und stößt auch dort umgehend auf scharfe Kritik.
Stellt sich die Frage: Wie funktioniert die Bezahlkarte eigentlich und was ist daran problematisch?
Die Bezahlkarte wird mit einem monatlichen Taschengeld von 200€ ausgestattet, von dem sich die Betroffenen einen Teil (in Bremen sind es 120 Euro) abheben können. Von dem Rest können sich etwa Gutscheine von Supermärkten gekauft werden.
Also wird statt einer Bargeldauszahlung eine Karte eingeführt, dessen Guthaben Geflüchtete dann in Supermärkten einlösen können. Einkäufe beispielsweise auf Flohmärkten, im Eiscafé oder beim Dönerladen fallen somit schonmal weg, was bei einem so überschaubarem Vermögen eine überaus große Last sein kann und dazu noch einen enormen Teil zum Ausschluss vom öffentlichen Leben nach sich ziehen kann. Außerdem können über die Bezahlkarte keine Überweisungen oder Lastschriftverfahren getätigt werden. Funktionen die heutzutage einfach notwendig sind, um beispielsweise einen Handyvertrag zahlen zu können. Bremen gehört dabei mit dem Abhebevolumen von 120€ noch zu den Ausnahmen. Die meisten anderen Bundesländer erlauben es den Geflüchteten nur gerade einmal über knapp 50€ im Monat in Bar zu verfügen.
Ein solches System schränkt die Selbstbestimmung enorm ein, indem hier Schutzsuchenden nicht zugetraut wird, eigenständig mit (einer wohlgemerkt sehr überschaubaren Summe an) Bargeld umzugehen. So wird eine sowieso schon schwere Integration durch Stigmatisierung nur noch weiter erschwert. Darüber hinaus stellt die Bezahlkarte durch Überwachung, Kontrolle und möglicher Steuerung des Kaufverhaltens, den immer größer werdenden Kontrollwahn unserer Institutionen zur Schau. Etwas womit sich Fußballfans wohl Bestens auskennen sollten, dreht es sich etwa um personalisierte Tickets, wahnwitzige Kontrollen oder die Untersagung einer selbstbestimmten Anreise.
Dass das Land Bremen in Sachen Bezahlkarte vergleichsweise noch die etwas weniger repressiven Maßnahmen ergreift, kann nicht als Argument dienen, um das Ganze in irgendeiner Weise schönzureden. Das Aufwendigste ist es die Daumenschrauben anzulegen. Fester ziehen kann man sie später immer noch. Sprich: Die Bezahlkarte an sich ist das Problem und nicht dessen jeweilige Erscheinung.
So werden nun bereits Stimmen laut, die eine solche Bezahlkarte auch für Empfänger*innen von Bürgergeld fordern. Ein Schikane- und Überwachungsinstrument, dass wieder einmal die „schwächsten“ der Gesellschaft am härtesten treffen soll. Eine Forderung, dass alle deutschen Milliardäre ihre Ein-/und Ausgaben offenlegen, da dieses Geld sicher nicht immer ganz korrekt verdient wurde, würde wohl als wahnwitzig dargestellt werden, mit Geflüchteten und den ärmsten Teilen der Gesellschaft kann man dies anscheinend aber bedenkenlos fordern und diese Forderungen genießen auch noch eine politische Rückendeckung deutscher Parteien.
Es hat den Anschein, als würden die Lösungen, die die Politik für ihre eigenen Probleme schafft, in erster Linie dem Staat mehr Macht und Möglichkeiten schaffen, anstatt effizient zu versuchen Probleme zu lösen. Ausbau von Macht und Überwachung, statt Abbau von Bürokratie und Integration von Geflüchteten und sozial Benachteiligten.
Es stellt sich die Frage, wieso sich nicht einfach darum bemüht wird, all denjenigen, die einen Anspruch auf die Bezahlkarte hätten, einfach ein Bankkonto zu beschaffen. Denn selbst die Bundesregierung gibt zu, dass die Überweisung auf ein Giro Konto, wenn Asylsuchende eins besitzen, der einfachste Weg ist. Und dieses ist im Vergleich zu dem Bezahlkartensystem für Betroffene mit deutlich mehr Selbstbestimmung und Freiheit verbunden.
Was wollen wir also tun?
In Bremen startet die Aktion „Nein zur Schikanekarte“, die Schutzsuchenden dabei helfen soll selbstbestimmt und frei von Kontrolle zu leben.
- Dafür können ab dem 21. Januar Betroffene der Schikanekarte wöchentlich in der Zionsgemeinde Supermarktgutscheine gegen Bargeld eintauschen.
- Solidarische Menschen können dann ebenfalls in der Zionsgemeinde Bargeld gegen diese Supermarktgutscheine eintauschen.
Gerade in Zeiten eines erschreckenden und anwachsenden Rechtsrucks ist es unerlässlich, als solidarische Zivilgesellschaft aktiv zu sein und sich Instrumenten wie der Bezahlkarte entgegenzustehen. Instrumenten die von einer (extrem) rechten Regierung oder anderweitigen rechten Kräften genutzt werden können, um Geflüchtete nachhaltig aufs massivste zu diskriminieren und ihnen zu schaden. Umso wichtiger ist eine solidarische Gesellschaft, welche sich Diesen Mechanismen bestmöglich entgegenstellt.
Um die Tauschaktion also ins Rollen zu bringen wird Startkapital benötigt, also Geld um die besagten Gutscheine eintauschen zu können. Dazu wollen wir bei den nächsten beiden Heimspielen gegen Heidenheim und Augsburg im Ostkurvenumlauf Spenden sammeln. Also: Gebt euch einen Ruck und nehmt zwei, drei Groschen mehr mit.
Um etwas gegen den Rechtsruck zu tun, ist es nicht nur wichtig die AfD in Regierung und Parlamenten zu verhindern, sondern auch aufzuzeigen, dass Politiken, die im Endeffekt einfach nur ein Einknicken gegenüber einer immer stärker werdenden Rechten sind, nicht mit unserer Vorstellung einer aufgeklärten und solidarischen Gesellschaft vereinbar sind.
Für weitere Infos zu dem Thema hat die Aktion gegen die Schikanekarte eine eigene Webseite und ein Instagram-Account.
Webseite: schikanekarte-bremen.org
Instagram: instagram.com/nein_zur_schikanekarte_bremen/