Durch die Negativschlagzeilen zur Vergewaltigung im Mönchengladbacher Sonderzug vor ein paar Wochen wurde mal wieder deutlich, dass im Fußballkontext einiges schief läuft. Auf der einen Seite war es zwar begrüßenswert, dass das Thema durch den medialen Aufschrei auf den Tisch kam, auf der anderen Seite wurde das Ganze von Gladbacher Seite dann aber gleich wieder schnell unter jenen Tisch gekehrt, indem der Vorfall mehrfach als Einzelfall skandalisiert -und bestritten wurde, dass es in der eigenen Szene ein Sexismusproblem gäbe. Wieder andere hielten einfach nur ihre Fresse, was vielleicht besser für alle ist, aber genauso wie die bisherigen Statements deutlich macht, dass man so gar kein Problembewusstsein zu haben scheint und primär an einem guten Image interessiert ist. Und das von einer Szene, aus der heraus nicht das erste Mal Frauen widerlich belästigt, abgewertet und übergriffig behandelt wurden oder bekanntermaßen sogar von Ultrà ausgeschlossen sind. Eine ehrliche und fundierte Beschäftigung mit dem Thema war insgesamt nur bei wenigen Gruppen zu finden auf die wir aber an dieser Stelle aber hinweisen möchten.*
Auch wenn der ganze Scheiß durch sexistische und frauenverachtende Gesänge, Spruchbänder, Fanzineartikel oder eklige Anmachen leider dazu zu gehören scheint, wollen wir betonen, dass Ultrà mehr sein sollte, als mit den eigenen Leuten Woche für Woche zu malen, basteln, supporten, durch die Weltgeschichte zu fahren. Für uns ist Ultrà vielmehr eine grundsätzliche Lebenshaltung, die beinhaltet, sich nicht alles gefallen zu lassen und einen Freiraum zu schaffen, in dem wir uns selbstorganisiert und kreativ verwirklichen, ausleben und in dem ein respektvoller und solidarischer Umgang untereinander ein fester Bestandteil des Gruppenlebens darstellt. Ultrà heißt eine Alternative zu bestehenden gesellschaftlichen Zwängen und Normen zu schaffen und eigene Regeln und Werte zu entwickeln, die sich dem ganzen Alltagstrott und seiner Verwertungslogik nach Möglichkeit entzieht: Hier sollte es egal sein, ob man 15 oder 35 ist, wo man herkommt, welche Hautfarbe und welchen Schulabschluss oder wie viel Kohle man hat. Und es sollte verdammt nochmal auch egal sein, welches Geschlecht man hat!
Deswegen müsste es die Pflicht und Verantwortung eines oder einer jeden sein, aus diesem Selbstverständnis heraus in unseren Freiräumen dafür zu kämpfen, dass jegliches diskriminierendes Verhalten und somit auch Sexismus und sexuelle Übergriffe keinen Platz haben – egal ob im Sonderzug, im Stadion oder sonstwo!
*Z.B von F_in – Frauen im Fußball & mitgedacht-block.de und Spruchbänder in den Kurven von Fortuna Düsseldorf & Carl Zeiss Jena