Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt

Stellungsnahme der Infamous Youth zum Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt

Auch wenn wir von den Vorkommnissen rund um das Spiel gegen Eintracht Frankfurt nur indirekt betroffen sind, möchten wir es nicht versäumen, unsere Solidarität mit den betroffenen Frankfurtern auszusprechen.

Trotz aller Differenzen erkennen wir das frühe Eintreffen der Fangruppen als Zeichen einer starken, funktionierenden Fanszene an, die sich angesichts des vergangenen Affronts gegen ihre Szene geschlossen präsentieren wollte. Erschreckend ist das Vorgehen der Bremer Polizei, die erneut eine grosse heterogene Menschengruppe unter Generalverdacht stellte und ihrer Grundrechte beraubte. Die Ingewahrsamnahmen zeigen, wie es um das Rechtsverständnis vieler Einsatzleiter in diesem Land bestellt ist. Fakt ist, dass es zu einer grösseren Ansammlung von Menschen kam, von denen Einzelpersonen beim Eintreten bestimmter Eventualitäten Straftaten hätten begehen können. Als Reaktion auf diesen Umstand wurde einfach die gesamte Personengruppe weggesperrt, anstatt auf die Vielzahl der zur Verfügung stehenden, milderen Mittel zurückzugreifen. Dieses Vorgehen ist beispielhaft für den in der polizeilichen Praxis häufig vorkommenden Ersatz der verfassungsmässig vorgesehenen Abwägung der Verhältnismässigkeit durch eine reine „Law-and-Order“-Mentalität. Die später folgenden Gewaltausbrüche seitens der Exekutive im Gästebereich des Weserstadions überraschen in dieser Hinsicht nicht.

Unverständnis müssen wir allerdings auch den Frankfurter Ultras gegenüber äussern, die mit ihren gedruckten personifizierten Hetzparolen scheinbar deutlich machen wollten, dass sie am vergangenen Samstag ganz besonders sauer waren. Zunächst ist die Aufhängung bestimmter Konflikte an bekannten Einzelpersonen einer Szene aus unserer Sicht allgemein etwas albern. Es gibt bessere und kreativere Wege, Differenzen auszuleben. Ausserdem stellt die Hervorhebung einzelner Namen eine nicht zu unterschätzende Steilvorlage für Medien und die Polizei dar. Während die Medien diese gerne exklusiv in ihre Artikel einbauen, sind Namen für die Repressionsorgane immer nützlich. Wir als Ultras sollten eigentlich wissen, was es bedeuten kann, in einem solchen Zusammenhang in der Presse erwähnt zu werden bzw. dass eine Anzeige schnell mal provisorisch zusammengebastelt wird und dafür auch gerne völlig abstrakte Indizien benutzt werden. Den klar sexistischen Anstrich der Parole hätten wir allerdings eher von anderen Gruppen erwartet. Peinliche Aktion!

Insgesamt handelt es sich bei dem Verhalten seitens der Polizei um keinen Einzelfall. Nahezu jedes Wochenende werden Fussballfans zum Opfer polizeilicher Willkür, allein fehlt es oft an medialer Aufmerksamkeit bzw. korrekter Berichterstattung zu den Vorfällen. Sehr irritierend in diesem Zusammenhang wirkte der Artikel des Weser-Kuriers. Wie so oft entstand auch am letzten Wochenende der Eindruck, dass sich in dieser Redaktion mit dem Umschreiben des Polizeiberichtes begnügt wird, anstatt ein wenig eigene Recherche zu betreiben. Dass zudem die personifizierte Hetze der Frankfurter auch noch wortwörtlich wiedergegeben wird, hat mit verantwortungsvollem Journalismus wenig zu tun. Es wirkt auch alles andere als souverän, den Bericht vom Sonntag zwei Tage später zu differenzieren und in Teilen zu wiederrufen. Es wäre wünschenswert, dass jede/r Journalist/in sich zunächst ein eigenes Bild macht, bevor es zu eindimensionaler Berichterstattung kommt.

Es bleibt zu hoffen, dass die Anzeigen der Frankfurter Fans Erfolg haben, damit den Betroffenen wenigstens ein Mindestmass an Gerechtigkeit wiederfährt. Die Vergangenheit hat allerdings oftmals gezeigt, dass auch die Judikative gerne alleine der Version der Exekutive entspricht. Trotzallem müssen den beteiligten Beamt/innen die deutlich überschrittenen Grenzen aufgezeigt werden und auch die Öffentlichkeit und die Medien müssen registrieren, dass Ereignisse dieser Art differenziert und kritisch zu betrachten sind.

Infamous Youth, Dezember 2008