Stellungnahme zum Auswärtsspiel in Frankfurt

Nach den aus unserer Sicht bewusst falschen Darstellungen der Ereignisse im Rahmen des Spiels in Frankfurt, erachten wir es als notwendig, Stellung zu beziehen. Grundsätzlich sei gesagt, dass wir es als wenig konstruktiv erachten, wenn eine Stellungnahme bereits vor einem Gespräch zwischen den Konfliktparteien herausgegeben wird.

Aus diesem Grund informieren wir die Öffentlichkeit erst jetzt über unseren Standpunkt, nachdem am gestrigen Samstag, den 15.12.2012 ein Treffen zwischen Mitgliedern der Infamous Youth und der „HB Crew“ (HBC) stattgefunden hat, an dem auch Vertreter*innen des Fanprojekts und der Fanbetreuung teilnahmen. Im Verlauf dieses Treffens konfrontierten wir die Gruppe mit der, aus unserer Sicht, bewusst falschen Darstellung der Ereignisse in Frankfurt und forderten die „HBC“ zu einer öffentlichen Richtigstellung der an uns gerichteten Vorwürfe auf. Die anwesenden Mitglieder der „HBC“ gestanden diese Verfehlungen uns gegenüber ein, was uns auf eine zeitnahe Korrektur der Äußerungen hoffen ließ. Nachdem zum jetzigen Zeitpunkt, entgegen unserer Erwartungen, keine öffentliche Verlautbarung oder Richtigstellung der „HBC“ publiziert worden ist, was als Fortführung der bisherigen Kommunikationsweise dieser Gruppe angesehen werden kann, da deren Mitglieder sich in Gesprächen einsichtig und zustimmend zeigen, dies jedoch nicht nach Außen tragen wollen oder können, sehen wir uns gezwungen, die Geschehnisse rund um die „Triebtäter“-Fahne aus unserer Sicht aufzuarbeiten und klarzustellen.

Beim Spiel Anfang Oktober in Augsburg fiel uns das erste Mal die „Triebtäter“-Zaunfahne der „HBC“ ins Auge. Der Begriff „Triebtäter“ weist eine im negativen Sinne sexuelle Bedeutung auf, die von der „HBC“ im weiteren Sinne zwar aus dem Zusammenhang gerissen wurde, aber dennoch ihren Ursprung repräsentiert. Eine positive Einstellung zu diesem Begriff, der mit traumatischen Erlebnissen verbunden sein kann, ist in unseren Augen inakzeptabel.
In Folge schrieben wir die Gruppe an, inklusive einer Erklärung zur Bedeutung der Begrifflichkeit, unserer Kritik an der Fahne und der Forderung, diese nicht mehr aufzuhängen. Als Antwort wurde uns lediglich ein Wikipedia-Link zugesandt.

Als die Fahne in Fürth erneut gezeigt wurde, gingen zwei Mitglieder unserer Gruppe zu der „HBC“, um den Sachverhalt zu klären und sie nochmal auf die Bedeutung der Fahne hinzuweisen. Daraufhin wurde die Fahne nicht mehr verwendet.

Wir bekamen im Nachhinein ein Schreiben, in dem uns deutlich gemacht wurde, dass man an keinem weiteren Dialog mit uns interessiert ist. Zusätzlich wurde unser erstes Schreiben an die „HBC“ mit verfälschtem Wortlaut an andere Gruppen weitergegeben – so, als hätten wir die „HBC“ in dem Schreiben an sie bedroht.

Im Anschluss an das Spiel in Fürth wurde auch gegenüber anderen Gruppen, u.a. in einem verschickten Einladungsschreiben an die „Wanderers Bremen“, die „Ultra Boys“ und „Bremen-Ost“, erneut behauptet, wir hätten gegen die „HBC“ in Fürth Drohungen ausgesprochen. Dies steht im Widerspruch zu dem Schreiben der „HBC“ an uns, in dem geschrieben steht, dass man nicht wisse, wie man unser Verhalten interpretieren solle und dass unser Verhalten lediglich für „Irritationen“ gesorgt hat. Zusätzlich wurde in dem Einladungsschreiben zu einem gemeinsamen Vorgehen gegen unsere Gruppe mobilisiert.

Der Vorwurf der Bedrohung durch uns entspricht nicht der Wahrheit. Dies konnte bei einem folgenden Gespräch aus der Welt geräumt werden, als vier unserer Mitglieder ein Treffen der „HBC“ besuchten und sie mit den falschen Anschuldigungen in dem Schreiben an die anderen Gruppen konfrontierten. Auf uns wurde der Eindruck gemacht, dass Wert darauf gelegt wird, den Konflikt nicht eskalieren zu lassen und die Situation in Fürth als beiderseitiges Missverständnis in unserer Kommunikation anzusehen.

Aus einem uns aber vorliegenden Protokoll der „HBC“ und Aussagen von Teilnehmer*innen eines Treffens, welches noch am selben Abend mit den Gruppen „Bremen-Ost“, „Ultra Boys“ und „Wanderers Bremen“ abgehalten wurde (im Gespräch vorher wurde uns gegenüber ein solch bevorstehendes Treffen abgestritten), geht hervor, dass versucht wurde, die geladenen Gruppen mit falschen Tatsachen zu beeinflussen und gefordert wurde, in Zukunft Stärke uns gegenüber zu demonstrieren. Ebenfalls wurde in dem Protokoll die Sorge (aus unserer Sicht völlig zurecht) darüber formuliert, dass man im Falle einer Eskalation des Konflikts vor der Öffentlichkeit nicht als „rechte Gewalttäter“ dastehen will und Einfluss auf den Verein nehmen müsse.

Man hat uns vorher also nicht nur angelogen und uns bewusst in die Irre geführt, sondern auch auf dem Treffen mit den anderen Gruppen gezielt gegen uns Stimmung gemacht und versucht, ein Bündnis gegen uns zu bilden.
Dies war nur eine von zig Verfehlungen in den letzten Monaten, die Summe der Ereignisse lässt mittlerweile den Eindruck einer gezielt gegen uns initiierten Kampagne entstehen. Auch die aktuelle Stellungnahme der „HBC“ reiht sich nahtlos in das Verdrehen von Tatsachen und gezielten Lügen ein.

Beim Spiel in Hoffenheim wurde erneut die „Triebtäter“-Fahne gezeigt, worauf die „HBC“ von uns kritisch auf ihr Verhalten angesprochen wurde. Wieder wurde versucht, eine möglichst konfliktfreie Lösung im Rahmen einer sich selbst regulierenden Kurve zu finden.

Am letzten Wochenende, beim Auswärtsspiel in Frankfurt, wurde die Fahne dann wieder präsentiert, was nach den vielen Versuchen unserer Gruppe, dies durch Gespräche zu verhindern, nur als reine Provokation aufgefasst werden kann. Auch das hinterhältige Verhalten der „HBC“ uns gegenüber untermauert unsere Vermutung, dass die „HBC“ den Konflikt bewusst eskalieren lassen wollte. Hierzu liegen uns ebenfalls interne Gesprächsverläufe vor, in denen deutlich wird, dass diese darauf warteten, dass wir „den ersten Schritt“ machen, um uns daraufhin angreifen zu können.
In Folge des Aufhängens der Fahne wurde sie dann von einem unserer Mitglieder ohne Gewaltanwendung abgehangen. Wir wurden direkt im Anschluss im Block angegriffen. Dieser erste Angriff, an dem Mitglieder der „HBC“ und „Bremen-Ost“ beteiligt waren, konnte von uns abgewehrt werden.
Nach dem Spiel gingen unsere und weitere Gruppen gemeinsam zum Busparkplatz, wo wir und die Gruppe „Caillera“ erneut von den Gruppen „Bremen-Ost“, der „HBC“ und weiteren Einzelpersonen, die teilweise anderen Gruppen angehören, angegriffen wurden. Auch bei diesem Angriff, bei dem sich die Angreifer*innen erst formierten und dann einklatschend auf uns zugingen, konnten wir uns zur Wehr setzen. Nach dem erfolglosen Angriff schirmte die Polizei die Angreifer*innen ab. Im Anschluss daran wurden noch Steine aus der angreifenden Personengruppe auf den Bus von „Caillera“ geworfen, wobei mehrere Schäden am Bus entstanden sind. Glücklicherweise wurde keine*r der Insass*innen verletzt.

Um den Gesamtkonflikt verstehen und den Angriff auf uns richtig einrahmen zu können, müssen die Ereignisse der letzten Monate betrachtet werden. Denn die besagte Fahne steht nur symbolisch für einen gewachsenen Konflikt:

Die Gruppe der Angreifer*innen auf dem Parkplatz setzt sich vorrangig aus Menschen zusammen, denen das Engagement vieler Fans, Fangruppen, dem Verein und Fan-Projekt gegen Diskriminierung und rechte Strukturen ein Dorn im Auge ist. Sie bevorzugen ein Klima im Stadion, in dem man ungestraft „Schwuchtel“, „Fotze“ oder „Jude“ brüllen kann, ohne dafür kritisiert zu werden. Dazu pflegen einige von ihnen Kontakte zu den Nazihools vom „Nordsturm Bremen“ (http://spon.de/vfkpV), einer Gruppe, die in den letzten Jahren von der Fanszene aufgrund ihrer menschenfeindlichen Einstellung weitestgehend isoliert wurde.

Es ist also nicht verwunderlich, dass auch Personen, die mit der Fahne nichts am Hut haben, federführend am Angriff beteiligt waren. Das Abhängen der „Triebtäter“-Fahne diente lediglich als Vorwand, es ging vielmehr darum, uns als Gruppe, die für ihre Antidiskriminierungs-Arbeit bekannt ist, anzugreifen. Seit Monaten schon wurden aus den Reihen von „HBC“ und „Bremen-Ost“ (einer Gruppe, deren erklärtes Ziel körperliche Auseinandersetzungen mit anderen Fans ist) immer wieder Drohungen gegen uns und die Gruppe „Caillera“ ausgesprochen und Übergriffe geplant, wie aus internen Gesprächsverläufen in sozialen Netzwerken hervorgeht.

Wir wollen nicht, dass die positive Arbeit, die viele Menschen – Fan-Projekt, Verein und Fans – gemeinsam aufgebaut haben, zerstört wird. Wir haben in den letzten Jahren erfolgreich auf eine Selbstregulierung der Kurve gesetzt und werden dies auch in Zukunft tun. Das Klima im Stadion hat sich glücklicherweise geändert. Rassistische Sprechchöre, sexistische Spruchbänder und andere Scheiße bleibt den Menschen größtenteils erspart. Und Nazis gibt es auch nur noch wenige in der Kurve.

Der Angriff vom Samstag ist ein Angriff auf alle, die wollen, dass das auch so bleibt.

Wir behalten uns vor, eine genaue Darstellung der Vorgänge in den letzten Monaten, Informationen zu gegen uns gerichteten Plänen der angreifenden Gruppen und Verbindungen zu weiteren Personengruppen zu veröffentlichen, sollte es in Zukunft erneut zu Angriffen auf uns oder uns nahestehenden Personen kommen.

Infamous Youth, Dezember 2012